Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern zeigt vom 23. Januar bis 2. Mai Malerei und Graphik von Carmen Herrera. Die Ausstellung präsentiert insgesamt 55 Arbeiten, die zwischen 1948 und 2007 entstanden sind. Diese erste Retrospektive des Werkes der amerikanischen Künstlerin Carmen Herrera in Europa wird in Zusammenarbeit mit der Ikon Gallery in Birmingham, England, veranstaltet. Trotz ihrer Kontakte zu bekannten und einflussreichen Künstlern und der herausragenden Qualität ihres Werkes hat Carmen Herrera relativ selten ausgestellt. Ihrem bislang zu wenig bekannten Schaffen schenkt diese umfangreiche Ausstellung, die am Freitag, 22. Januar, um 19 Uhr eröffnet wird, die gebührende Aufmerksamkeit. Zur Eröffnung sprechen Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder, Museumsdirektorin Dr. Britta E. Buhlmann und Ausstellungskurator Dr. Heinz Höfchen, Leiter der Graphischen Sammlung der Pfalzgalerie. Nigel Prince, Kurator der Ikon Gallery in Birmingham, der das Projekt federführend betreut hat, ist anwesend.
Die 94-jährige Carmen Herrera, die mit 89 Jahren ihr erstes Bild verkauft hat und inzwischen hoch geschätzt ist, wurde in der kubanischen Hauptstadt Havanna geboren und lebt seit mehr als 50 Jahren in New York. Nach einem Studium der Architektur an der Universidad de La Habana erhielt sie ab 1943 eine vierjährige künstlerische Ausbildung an der Art Students League in New York. Zu ihrem dortigen Freundeskreis gehörten Barnett Newman und Wifredo Lam. Ein längerer Aufenthalt in Paris von 1948 bis 1953 brachte die stilistische Entwicklung ihres Schaffens von der gestischen Abstraktion der französischen Nachkriegskunst zu einer stringenten formalen Haltung. Wieder in New York hat Carmen Herrera über ein halbes Jahrhundert ein herausragendes konkretes Werk geschaffen, das konsequent der ungegenständlichen Kunst gewidmet ist. Seit den frühen 1950er Jahren konzentriert sie sich auf die reine Geometrie Linie, Farbe und Oberfläche sind die formalen Elemente, die eine eigenständige ästhetische Wirklichkeit begründen. Ihre Werke sind das Ergebnis von Harmonie und Spannung gegensätzlicher Farbflächen, die der Oberfläche Lebendigkeit geben. Herreras Arbeiten nehmen oft in überraschender Weise künstlerische Entwicklungen der 60er Jahre im Bereich der Minimal Art und des Hard Edge vorweg.
Das Projekt fügt sich in eine Reihe von Ausstellungen der Pfalzgalerie, die amerikanischen Künstlern, hauptsächlich des abstrakten Expressionismus, gewidmet waren. Carmen Herreras Werk öffnet den Blick auf die hierzulande wenig bekannten außereuropäischen Varianten konkret-konstruktiver Kunst, hier insbesondere auf den lateinamerikanischen Beitrag.
Konkrete Graphik im Kabinett
Zeitgleich zur Herrera-Ausstellung gibt die Pfalzgalerie in ihrem neuen Graphischen Kabinett, das bereits mit Picasso- und Goya-Arbeiten vielfache Beachtung fand, Einblick in ihre Sammlungsbestände konkreter Graphik. Unter der Leitlinie Rechteck, Kreis, Mäander" versteht sich die Schau als Hommage an Carmen Herrera und Kommentar zur Retrospektive ihres Werks. Herreras Arbeiten auf Papier werden stilistisch verwandte Graphiken gegenüberstellt.
Konkrete Kunst verzichtet auf die Darstellung der sichtbaren Wirklichkeit, ist also kein Abstraktionsvorgang, sondern benutzt die künstlerischen Mittel, ohne Assoziationen auslösen zu wollen. Damit werden Linie, Fläche und Farbe autonom, das Formale bleibt ohne inhaltliche Aussage. Farben und Formen sind keine Zeichen, sondern Dinge. Im Vordergrund stehen die künstlerischen Grundlagen wie Form, Farbe, Fläche und Raum. Mit Arbeiten der Amerikaner Sol LeWitt, Robert Mangold und Leon Polk Smith einem engen Freund Carmen Herreras steht die New Yorker Schule der Konkretion im Fokus. Daneben zeigen Werkbeispiele von Max Bill, Aurélie Nemours, Friedrich Vordemberg-Gildewart, Karl Georg Pfahler und Marcel Wyss europäische, schon heute klassische Positionen der Bewegung.
Zur Herrera-Retrospektive ist ein 84-seitiger Katalog (30 Euro) erschienen, Band 4 der Bestandskataloge der Graphischen Sammlung zur konstruktiven und konkreten Graphik (108 Seiten, 13,20 Euro) ergänzt die Ausstellung im Kabinett. Die Pfalzgalerie Kaiserslautern, Museumsplatz 1, ist mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, dienstags von 11 bis 20 Uhr, an Fastnachtsdienstag (16. Februar) und am Ostersonntag und -montag (4./5. April) geöffnet; an Karfreitag bleibt das Museum geschlossen. Weitere Informationen sind unter www.pfalzgalerie.de abrufbar.