Ich hätte nie gedacht, dass Geschichte so aktuell sein kann", sagt Ina W. aus Landau, Teilnehmerin am internationalen Seminar der Pfalzakademie Lambrecht. Im Gruppenraum hängen große Plakate mit Jahreszahlen und Zeichnungen; auf den Tischen liegen die Geschichtsbücher, die die Gruppen aus Israel, Palästina, Polen und Deutschland von zu Hause mitgebracht haben. Wir haben gelernt, die Vergangenheit und die Gegenwart mit den Augen der anderen zu sehen", fügt sie hinzu. Das ist ein wichtiger Schritt für den Frieden."
Zehn Tage lang setzten sich die jungen Leute aus Europa und dem Nahen Osten mit ihrer Sicht der Geschichte auseinander. Sie lernten dabei, wie wichtig das Verständnis des Vergangenen für die Gestaltung der Zukunft ist. Während des Programms, das teilweise in Lambrecht im Bildungshaus des Bezirksverbands Pfalz und teilweise in Berlin stattfand, sprachen sie mit Zeitzeugen, besuchten die Gedenkstätte in Sachsenhausen und das Holocaust-Denkmal in der Hauptstadt und arbeiteten gemeinsam in kreativer Form ihre Bilder und Vorurteile auf.
Wir haben bewusst Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Nationen und Religionen eingeladen", sagt Martin Kaiser, Leiter der Pfalzakademie und Initiator des Projekts. In einem solchen Seminar können wir im Kleinen die ersten Schritte für den Frieden im Großen erproben." Genau darum geht es, wenn die Gruppen miteinander diskutieren, ihre Geschichtsbücher vergleichen, sich aus ihren Ländern erzählen und gemeinsam Orte aufsuchen, an denen bereits Ideen für die Zukunft umgesetzt werden.
Am Ende des Programms ziehen die Teilnehmenden eine positive Bilanz: Für Sigalit aus Israel war ein Mädchenprojekt im Berliner Stadtteil Neukölln ein wichtiger Impuls, den sie für die Weiterarbeit mit nach Hause nimmt. Samia, Seminarleiterin aus Palästina, zeigt sich beeindruckt vom Gespräch mit einem Holocaust-Überlebenden: Es ist kaum vorstellbar, dass jemand mit solchen Erlebnissen so ohne jede Bitterkeit sprechen und uns zur Toleranz auffordern kann." Sven aus Kaiserslautern spricht das aus, was alle gleichermaßen empfinden: Trotz ganz unterschiedlicher Auffassungen und Lebensweisen haben wir gelernt, einander zu verstehen."
Sie haben miteinander geredet und gelacht, argumentiert und gestritten, gearbeitet und geforscht, getanzt und gefeiert. Sie haben erlebt, wie zerbrechlich der Friede sein kann und wie sie diesen täglich neu erringen und gestalten müssen. Diese Erfahrungen werden sie mit nach Hause nehmen und daraus neue Projekte entwickeln", resümiert Kaiser. Auf diese Weise trage die Pfalzakademie dazu bei, den Dialog von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zu gestalten. Immer häufiger würden die dabei erworbenen Kompetenzen auch von Einrichtungen im pfälzischen Umfeld angefragt. Das Projekt wurde vom Bezirksverband Pfalz als Träger der Pfalzakademie finanziert und aus Mitteln des EU-Programms Jugend in Aktion" und von der Landeszentrale für politische Bildung gefördert.