Westwall und Maginot-Linie
Im Herbst vor 80 Jahren überfiel Hitler-Deutschland Polen und begann damit den Zweiten Weltkrieg. Um an dieses für zahlreiche Staaten katastrophal endende Kapitel der Geschichte zu erinnern, folgten rund 30 Schülerinnen und Schüler der Einladung des Bezirksverbands Pfalz, um die Reste des Westwalls in der Südpfalz sowie der Maginot-Linie auf elsässisch-lothringischer Seite kennenzulernen. Das erstmals durchgeführte Projekt „Frieden und Versöhnung“ beinhaltete neben einem Vorbereitungstreffen eine zweitägige Exkursion unter fachlicher Leitung des ehemaligen Abteilungsleiters am Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Jürgen Keddigkeit, der ein ausgewiesener Kenner des Zweiten Weltkriegs ist.
Zunächst ging die Busfahrt von Kaiserslautern, Neustadt und Landau, wo die 14- bis 18-jährigen Jugendlichen zustiegen, nach Bad Bergzabern, um das Westwallmuseum in den letzten erhaltenen Südpfälzer Artilleriebunkern kennenzulernen. Auf einer Führung durch die denkmalgeschützten Gebäude und das Gelände erfuhr die Gruppe einiges über die politischen und militärischen Hintergründe dieser Befestigungsbauten sowie deren Nutzung während der NS-Zeit. Diese Hinterlassenschaft Hitlers gehörte zu einem mehr als 600 Kilometer langen Verteidigungssystem entlang der Westgrenze des damaligen NS-Staates aus über 18.000 Bunkern, Stollen, Gräben und Panzersperren, das 1938 bis 1940 zu propagandistischen Zwecken errichtet wurde und heute nur noch an wenigen Orten im Land zu finden ist. Nach der Besichtigung des Flächen- und Streckendenkmals beeindruckte die Jugendlichen ein Zeitzeugengespräch mit der 84-jährigen Brigitte Burkhart und der 83-jährigen Helmtrud Burkhart, die die Ereignisse kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs als Kinder in ihrem südwestpfälzischen Heimatort Bruchweiler-Bärenbach erlebt hatten.
Nachmittags erkundeten die Mädchen und Jungs zusammen mit Jürgen Keddigkeit, Archivar Ulrich Burkhart, der die Gedenkarbeit des Bezirksverbands Pfalz betreut, sowie Luise Busch und Jacqueline Rann, die zurzeit ein freiwilliges kulturelles beziehungsweise politisches Jahr beim Regionalverband absolvieren, den Ortsrand von Steinfeld und den Wald von Schaidt mit den noch erhalten gebliebenen Höckerlinien, die sich einst durch Gärten und Felder zogen, sowie die eingestürzten Bunker des Westwalls, die sich im Unterholz – von Blättern und Pflanzen bedeckt – aufspüren lassen.
Zum Abschluss der Exkursion besichtigten die Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schularten das Fort Schoenenbourg, eine Befestigungsanlage der Maginot-Linie, die die Franzosen zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg errichteten, um etwaige Angriffe abzuwehren. Im Vergleich zum Westwall beeindruckten die Jugendlichen besonders die weitläufigen Gänge, die gewaltigen Dimensionen des Forts sowie seine moderne Ausstattung mit beispielsweise eigenem Schienensystem.
Die 15-jährige Paula fasste es zusammen: „Das Fort Schoenenbourg machte den Kontrast zum Aufbau und System des Westwalls sinnfällig, denn man konnte erkennen, dass die Maginot-Linie weitaus besser durchdacht war und eine andere Militärstrategie verfolgte. Gestern standen wir noch in kleinen, dunklen Bunkern des Westwalls, heute befinden wir uns in einem sehr langen, hellen Tunnel 30 Meter unter der Erde – sogar mit Bahn und für damalige Zeiten modernster Krankenstation inklusive OP ausgestattet.“
Einen bleibenden Eindruck werde die Fahrt hinterlassen, so die Jugendlichen einhellig, denn sie wüssten es sehr zu schätzen, „in einem offenen, grenzenlosen Europa leben zu können“. „Die deutschen und französischen Wehranlagen zeigen, dass vor allem geistige Grenzen diese Bauten erdacht haben: geistige Abschottung und Isolation, Misstrauen und schließlich offener Hass.“