Wie in den Jahren zuvor veranstaltete der Bezirksverband Pfalz auch in diesem Jahr eine Jugendgedenkfahrt. Der Regionalverband bietet dabei außerschulische Jugendarbeit zu „Lernorten“ der Geschichte und des kollektiven Gedenkens an. Die fünftägige Fahrt führte diesmal ins Elsass zu der Gedenkstätte KZ Natzweiler-Struthof, dem jüdischen Friedhof in Straßburg, der europäischen Schule in Straßburg – verbunden mit einem Zeitzeugengespräch mit François Amoudruz – und dem Besuch des Geschichts- und Dokumentationszentrums „Mémorial Alsace-Moselle“ in Schirmeck. Betreut und begleitet wurden die 25 Schülerinnen und Schüler aus der Pfalz von Ulrich Burkhart, Leiter des Zentralarchivs in Kaiserslautern, Ruth Ratter, Mitglied des Bezirkstags Pfalz, Arthur Röser, Student an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, und Luis Schramm, der gegenwärtig ein Freiwilliges soziales Jahr (Politik) beim Bezirksverband Pfalz absolviert.
Die Schülerinnen und Schüler aller Schularten und im Alter zwischen 16 und 19 Jahren wurden durch den Bezirksverband Pfalz in einem ersten gemeinsamen Treffen auf die Jugendgedenkfahrt vorbereitet. Die Teilnehmer erwartete ein umfangreiches Programm: Bereits am ersten Tag nach ihrer Ankunft besuchten Sie das KZ Natzweiler-Struthof, das Hauptlager eines riesigen Lagerkomplexes war. Als einziges Konzentrationslager auf französischem Boden liegt es nahe dem Ort Natzweiler im Elsass, etwa 55 Kilometer von Straßburg entfernt. Das Naziregime verlegte rund 52.000 Menschen aus ganz Europa hierhin sowie in die angeschlossenen Außenlager. 22.000 Personen starben infolge von Entkräftung, Kälte, Mangelernährung und lagerbedingten Krankheiten oder wurden ermordet. Die Führung durch Hans-Peter Goergens (Offenburg), die sehr eindrücklich den quälenden Alltag der Häftlinge veranschaulichte, war ein prägendes und zugleich bedrückendes Erlebnis für die Jugendlichen. „Auch wenn das Tor nicht das Originaltor ist, war es beeindruckend, davor zu stehen. Die schlimmen Verbrechen der NS-Zeit, die für mich kaum vorstellbar waren, wurden auf einmal greifbar“, so die Schülerin Wilma Koblé (16 Jahre, Leibniz-Gymnasium, Neustadt/Weinstraße) nach der Führung durch die Gedenkstätte. Tags darauf besuchten die Schüler einen Vortrag von Prof. Dr. Hans-Joachim Lang, Universität Tübingen, an der Europäischen Schule in Strasbourg zu seinem vielbeachteten Forschungsprojekt „Die Namen der Nummern“. Langs Forschungen haben den Leidensweg von 86 Juden zum Inhalt, die 1943 in Auschwitz selektiert und im KZ Struthof-Natzweiler vergast wurden. Die Leichname der jüdischen Männer und Frauen sollten Forschungszwecken im Anatomischen Institut der „Reichsuniversität“ Straßburg dienen. Eindringlich war auch die Begegnung der Jugendlichen mit einem Überlebenden des Lagers: François Amoudruz. Der 91-Jährige berichtete über seine grauenvollen Erlebnisse seiner Haft in gleich drei Konzentrationslagern. Für die Jugendlichen sind seine Erzählungen spannend und ergreifend zugleich und seine Einstellung „Weder Hass noch Vergessen“ bewundernswert. Für Amoudruz sind Friede und Verständigung Grundlage für ein geeintes demokratisches Europa. „Die Erlebnisse von jemandem zu hören, der die schreckliche Zeit des Nationalsozialismus am eigenen Leib erfahren musste, war unglaublich bewegend“, sagt Emilia Blöhs (16 Jahre, Leibniz-Gymnasium Neustadt/Weinstraße). Abschließend spielten deutschsprachige Schüler der Europäischen Schule in Strasbourg Szenen aus Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reichs“ nach. Am letzten Tag der Jugendgedenkfahrt besuchten die Teilnehmer das Mémorial Alsace-Moselle in Schirmeck. Das Dokumentationszentrum birgt eine umfangreiche Ausstellung über die Geschichte der Region und die Leiden und Aufopferung von Tausenden Männern, Frauen und Kindern. „Den Besuch des Memorials empfand ich als sehr interessanten Abschluss. Dadurch, dass man sich immer in unterschiedlichen Räumen und Situationen befunden hat, war es, als befände man sich in der damaligen Zeit. Die Gestaltung und auch die Interaktion begeisterten mich“, meinte anschließend Marie Giselbrecht (17 Jahre, Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium Neustadt/Weinstraße).
Trotz der bedrückenden und belastenden Thematik war die Stimmung unter allen Beteiligten immer gut, so dass abends die Jugendlichen nach intensiven Gesprächen wieder lachen und relaxen konnten. Dazu beigetragen hat auch der Besuch von Prof. Robert Steegmann, der sich in seiner Doktorarbeit ausführlich und detailliert dem KZ Natzweiler-Struthof und seinen Außenlager widmete. Mit dem renommierten elsässischen Historiker, der bis zum Sommer 2017 an der Universität Strasbourg lehrte, führten die Jugendlichen am Abend des dritten Tages der Gedenkfahrt einen langen und kritischen Dialog. Besonders beeindruckt war der Wissenschaftler von den „sinnvollen und intelligente Fragen“, die die Schüler an ihn stellten und dem Thema ziemlich auf den Grund gingen. Auf dieser gemeinsamen Reise, die ganz im Zeichen des Gedenkens und des Mahnens gegen das Vergessen stand, wurden viele neue Freundschaften geschlossen. Die Begleiter waren sehr zufrieden mit dem Verlauf der Fahrt und mit dem respektvollen und reifen Umgang der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den inhaltlichen wie auch