Abends um halb neun im Foyer der Pfalzakademie Lambrecht: Auf dem Treppenabsatz breiten fünf junge Leute ein großes Plakat aus und bemalen es mit vielen Symbolen und Figuren. Nashva aus Ägypten und Darius aus Litauen zeichnen die letzten Details ein. Das Plakat ist Teil eines großen Quizspiels mit Fragefeldern und Aufgabenkarten, das sie zusammen mit anderen entwickelt haben. In einem Arbeitsraum werkeln Shay aus Israel und Youssef aus Palästina an einer großen Ausstellungswand, die Bilder aus Europa und dem Nahen Osten zeigt. Im Computerraum sitzen zwei unterschiedlich gekleidete junge Frauen in eine Recherche vertieft vor einem Bildschirm: die eine trägt ein weißes Kopftuch und ein langes Kleid, die andere ein sommerliches Top, dazu einen kurzen Rock. Alle sind mit großem Engagement bei der Sache und arbeiten mit Hochdruck, denn am nächsten Tag soll alles fertig sein. In international gemischten Gruppen bereiten die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer eine Ausstellung zum Thema "Schritte zum Frieden in Nahost und Europa" vor.
Die Ausstellung ist Teil eines zweiwöchigen Seminars in der Pfalzakademie, an dem Gruppen aus Deutschland, Israel, Palästina, Ägypten, Litauen und England teilnehmen. "Während dieser Zeit treffen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen aufeinander", erläutert Martin Kaiser, Leiter der Pfalzakademie, der die Veranstaltung gemeinsam mit der Londoner Theologin und Psychotherapeutin Anne Möllers durchführt. Der gerade erst beendete Krieg im Libanon zeige, wie dringlich an Lösungen für die brennenden Konflikte gearbeitet werden müsse und welche Verantwortung dabei auch auf Mitgliedsländer der EU zukomme. "Palästinenser und Israelis", führt er aus, "sind mehrere Tausend Kilometer hierher gereist, weil sie sich in ihren Herkunftsgebieten nicht wirklich begegnen können." Nach anfänglich heftigen Auseinandersetzungen seien sie sich "in der geschützten Atmosphäre des Seminars und im Kontakt mit anderen Nationalitäten schließlich näher gekommen".
Es war harte Arbeit, den unterschiedlichen Gruppen die Teilnahme am Seminar zu ermöglichen, berichtet Kaiser: Von den Israelis waren einige zum Militär eingezogen, die Palästinenser hatten große Schwierigkeiten bei der Ausreise, bei den Ägyptern gab es Sicherheitsbedenken; für die Gruppen aus Europa bestanden weniger Probleme. Zwei Wochen lang trainieren die Gruppen vor Ort, aber auch auf Exkursionen nach Bonn und Straßburg, in vielen Schritten und mit unterschiedlichen Methoden den Dialog über Grenzen hinweg, bauen Vorurteile ab und wecken das gegenseitige Verständnis. Die unterschiedliche Zusammensetzung des Teilnehmerkreises sei dabei eine besondere Bereicherung gewesen, sagt Kaiser. So erzählte die litauische Gruppe beispielsweise davon, wie es in Litauen zum gesellschaftlichen Umbruch gekommen sei; die Deutschen berichteten vom Fall der Mauer. In beiden Fällen seien enorme politische Veränderungen mit friedlichen Mitteln durchgesetzt worden. "Das war für unsere Gäste aus dem Nahen Osten ein wichtiger Hoffnungsfunke", stellt Kaiser fest. Bei der Entwicklung der Ausstellung "Schritte zum Frieden in Nahost und Europa" sollen die Teilnehmenden ihre Erkenntnisse und Erfahrungen verarbeiten.
Das Seminar ist Bestandteil eines von der EU geförderten Großprojekts, das dem Dialog zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen in Europa und dem Nahen Osten dient. Dabei arbeitet die Pfalzakademie mit einem Netzwerk von Partnerorganisationen in Deutschland, Ost- und Westeuropa sowie Mittelmeeranrainerstaaten zusammen. "Es ist schon etwas Besonderes, dass die Pfalzakademie hier die Chance hat, einen wichtigen friedenspolitischen Beitrag zu leisten", fasst Kaiser zusammen und fügt hinzu, dass das Projekt inzwischen schon weite Kreise gezogen habe. So seien mehrere Beiträge hierzu in Fachzeitschriften erschienen, auch habe ihn die Bundeszentrale für politische Bildung zu einem Vortrag nach Berlin eingeladen.
Später am Abend versammeln sich die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer im Foyer. Ein junger Mann aus Israel und einer aus Palästina improvisieren gemeinsam am Flügel. Während sie Lied um Lied miteinander anstimmen, wächst die Begeisterung unter den Zuhörern und man merkt deutlich: Hier haben junge Menschen die ersten Schritte aufeinander zu getan.