Meilenstein auf dem Weg des Erinnerns

Pfalzklinikum weiht Pfälzische Gedenkstätte für die Opfer der NS-Psychiatrie ein

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg des Erinnerns ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pfalzklinikums und des Bezirksverbands Pfalz die Einweihung der Pfälzischen Gedenkstätte für die Opfer der NS-Psychiatrie am 11. April. In Anwesenheit von Ministerpräsident Kurt Beck wird ab 13.30 Uhr auf dem Klinikfriedhof in Klingenmünster die Gedenkstätte der Öffentlichkeit vorgestellt. Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder und Geschäftsführer Rainer Anstätt laden interessierte Bürgerinnen und Bürger der Region herzlich ein.

Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster war wie viele ihrer Art an den verbrecherischen Maßnahmen der NS-Psychiatrie beteiligt. Vorhandene Akten belegen, dass mindestens 296 Patientinnen und Patienten der Anstalt gewaltsam zu Tode kamen. Wie in vielen anderen Kliniken auch hat es in Klingenmünster über 40 Jahre gedauert, bis man sich der Vergangenheit stellte. Erst 1993 wurde ein Gedenkstein in der Klinikallee eingeweiht. Seit 1996 lädt das Pfalzklinikum jedes Jahr im Januar zu einer Gedenkveranstaltung ein. 1999 veröffentlichte das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde das Buch "Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1933 – 1945" von Otfried Linde, Roland Paul und Karl Scherer. Seit 2004 wird an der Umgestaltung eines Teils des Klinikfriedhofs zu einer Gedenkstätte mit Nachhaltigkeitscharakter gearbeitet.

In den Jahren 2007 und 2008 erhielt das Pfalzklinikum Fördermittel des Landes Rheinland-Pfalz, so dass die Arbeiten forciert werden konnten. Insbesondere die Pflege der Anlage erbringt das Pfalzklinikum in Eigenleistung, auch im Rahmen der therapeutischen Arbeit. Anfang 2008 wurde zunächst jener Bereich gestaltet, der zur Besinnung und Erinnerung einlädt, aber auch für Gedenktage und Kranzniederlegungen einen angemessenen Rahmen bietet. Im Mittelpunkt steht die Skulptur von Volker Krebs, die am 11. April in Anwesenheit des pfälzischen Künstlers enthüllt wird.

In den nächsten Monaten sollen Stelen mit Informationen und weitere Gestaltungselemente in die Grünflächen integriert werden. Inhaltliche und gestalterische Fragen sollen mit interessierten Menschen diskutiert werden. Angehörige von (ehemaligen) Patienten oder Bewohnern, Mitarbeiter, Schüler des Südpfälzischen Zentrums für Pflegeberufe oder der umliegenden Schulen und Ausbildungsstätten und weitere Interessierte sind herzlich zur Mitarbeit eingeladen. Es ist geplant, die Gedenkstätte perspektivisch durch den Aufbau eines Informations- und Dokumentationsbereiches zu erweitern. Dort soll die Entwicklung von Psychiatrie und Neurologie allgemeinverständlich dargestellt werden. Im Mittelpunkt sollen dabei die Menschen stehen, die durch die Psychiatrie des "Dritten Reichs" entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden. Ihnen einen Teil ihrer Würde zurück zu geben, ist ein wichtiges Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pfalzklinikums, die sich für die Gedenkstätte engagieren.

Darüber hinaus soll sich die Gedenkstätte auch zu einem Ort des Hinterfragens unseres heutigen Umgangs mit psychischen Erkrankungen und psychisch Kranken entwickeln. Das Gedenken an die Vergangenheit soll so den Bezug zur Gegenwart wahren. Vor allem auch Jugendliche sollen angesprochen werden, damit niemals wieder psychisch kranke und behinderte Menschen als "minderwertig" und "lebensunwert" abgestempelt werden. Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder sagte anlässlich der diesjährigen Gedenkveranstaltung in Klingenmünster am 28. Januar: "Natürlich gibt es keine Kollektivschuld. Wohl aber tragen wir Verantwortung vor der Geschichte. Und zu dieser Verantwortung müssen wir uns bekennen, jede Generation aufs Neue."

An der Veranstaltung am 11. April nehmen auch der Leiter der Gedenkstätte Hadamar, Dr. Georg Lilienthal, und Renate Rosenau von der Arbeitsgruppe "Psychiatrie im Nationalsozialismus" in Alzey teil, die über ihre Erfahrungen in der Gedenkarbeit berichten. Worte des Gedenkens sprechen der Ärztliche Direktor des Pfalzklinikums Prof. Dr. Reinhard Steinberg sowie die Klinikseelsorger Gabriele Bamberger und Joachim Geiling.

Es spielt ein Blechbläser-Ensemble der Hochschule für Musik Frankfurt/Main mit Eva Heiny und Alexander Großpietsch (Trompeten) sowie Simon Kunst und Sebastian Sager (Posaunen). Anschließend, ab etwa 14.30 Uhr, besteht im BKV-Zentrum auf dem Klinikgelände die Möglichkeit zum Gedankenaustausch.