"Mit unserer nachhaltigen Gedenkarbeit zum ehemaligen Lager Gurs, in das 1940 rund 825 pfälzische Juden deportiert wurden, wollen wir insbesondere Jugendliche ansprechen", kündigte Bezirkstagsvize Manfred Petry an. Er verwies dabei auf das Hambacher Fest der Jugend, das der Bezirksverband Pfalz im vergangenen Jahr mit 10.000 Schülerinnen und Schülern durchgeführt hat und das der Demokratieerziehung gedient habe. Petry, der im Herbst bei der Einweihung der Gedenkstätte im südfranzösischen Gurs dabei war, stellte weiter fest: "Wir müssen gerade dieses dunkle Kapitel pfälzischer Geschichte in Erinnerung behalten, um junge Menschen heute zu Wachsamkeit gegenüber rechtsradikalem Gedankengut und zu mehr Zivilcourage zu erziehen." Mit einer Reihe von Projekten wolle der Bezirksverband Pfalz das Thema Gurs in den Vordergrund rücken. So schreibe der Bezirksverband Pfalz demnächst die pfälzischen Schulen an und lade 15 Schülerzeitungsredakteure ein, vom 2. bis 5. Mai nach Gurs zur dortigen Gedenkfeier zu fahren, um dann darüber zu berichten. Das Projekt beinhalte einen Vorbereitungstag in der Pfalzakademie Lambrecht sowie den eigentlichen Aufenthalt in Gurs mit Zeitzeugengesprächen, der Besichtigung des ehemaligen Lagergeländes, dem Besuch des Friedhofs und der Teilnahme am Gedenkgottesdienst. "Wir hoffen, die Jugendlichen direkt über ihre Altersgenossen für das Thema gewinnen zu können", so Petry.
Des Weiteren plant der Bezirksverband Pfalz die Herausgabe von Unterrichtsmaterial über "Die Pfalz im Nationalsozialismus", in dem es auch ein Modul über Gurs geben soll. Eine Veranstaltungsreihe unter dem Arbeitstitel "Pfälzer Spurensuche und Gedenkarbeit für Gurs" umfasst die Gedenkfeiern im Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie und Pfalzinstitut für Hörsprachbehinderte Ende Januar, die Präsentation einer Ausstellung des Stadtjugendrings Mannheim – ergänzt durch Material des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde – in einer Einrichtung des Bezirksverbands Pfalz, einen Vortrag beziehungsweise ein Zeitzeugengespräch, eine Zusammenstellung von Büchern durch die Pfalzbibliothek sowie einen Filmabend. Schließlich will der Bezirksverband Pfalz, der sich als Partner der Pfälzer Landkreise und kreisfreien Städte versteht, auf seiner Website eine Informationsplattform aufbauen, um die unterschiedlichen Projekte und Initiativen in der Region zu vernetzen und zu koordinieren. Darüber hinaus beteiligt er sich am Buchprojekt der Arbeitsgemeinschaft badischer Städte, das das Schicksal der badischen und pfälzischen Juden dokumentieren will.
"Wir begrüßen es sehr, dass der Bezirksverband Pfalz in dieser Breite das Thema Gurs aufgreift", sagte Dr. Dieter Schiffmann, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Er präsentierte die in Zusammenarbeit mit der baden-württembergischen Landeszentrale entstandene DVD "Reden über Gurs – vom Spanischen Bürgerkrieg bis zur Shoah", die in Abstimmung mit dem französischen Herausgeber überarbeitet und mit deutschen Untertiteln versehen wurde. Der Film von Jean Jacques Mauroy sei ein bewegendes Zeitdokument und biete einen hervorragenden Einblick in die grausame Wirklichkeit des Lagers Gurs. "In 54 Minuten berichten Überlebende eindringlich von ihrer Festnahme und Einweisung in das Lager und von den dort erlittenen Leiden. Sie schildern die schrecklichen Lagerverhältnisse und ihr Überleben auch mit Blick auf diejenigen Lagerhäftlinge, die entweder in Gurs oder später in anderen Lagern durch Entkräftung zu Tode kamen oder die gezielt in den Vernichtungslagern in Osteuropa ermordet worden waren", erläuterte Schiffmann. Auf der DVD, die über die Stadt- und Kreisbildstellen ausleihbar sei, befänden sich auch so genannte Deportationslisten mit den Namen der nach Gurs verschleppten Personen sowie ein Beitrag über die Deportation der pfälzischen Juden von Roland Paul, dem stellvertretenden Leiter des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde, der sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigt.
Rund 6.500 Juden aus dem deutschen Südwesten – darunter etwa 825 Männer, Frauen und Kinder aus der Pfalz – wurden ab Oktober 1940 in das Lager nach Gurs im Baskenland nahe den Pyrenäen deportiert. 2001 stellte der Bezirkstag Pfalz 28.500 Euro für den Bau einer Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände in Gurs bereit, das nach Kriegsende eingeebnet und aufgeforstet wurde. Fünf Jahre später trat der Bezirksverband Pfalz mit einem jährlichen Beitrag von 5.000 Euro der Arbeitsgemeinschaft badischer Städte bei, die seit rund 50 Jahren den Friedhof unterhält und pflegt; auf ihm wurden 1.070 deportierte Juden aus Baden und der Pfalz beerdigt.