Eine Vielzahl von Besuchern folgte der Einladung der Pfalzgalerie Kaiserslautern, um der großen alten Dame aus New York zu huldigen. Das Museum des Bezirksverbands Pfalz präsentiert bis zum 2. Mai die erste Retrospektive des Werkes von Carmen Herrera in Europa: 55 Gemälde und Graphiken, die zwischen 1948 und 2007 entstanden sind. Trotz ihrer Kontakte zu bekannten und einflussreichen Künstlern und der herausragenden Qualität ihres Werkes ist die 94-jährige Künstlerin vor nicht allzu langer Zeit entdeckt worden. Mit 89 Jahren hat sie ihr erstes Bild verkauft; ihre Arbeiten waren relativ selten in Ausstellungen zu sehen. Zur Vernissage eigens angereist waren Frederico Sève, Carmen Herreras Galerist aus New York, der Künstler Tony Bechara, der mit Herrera befreundet ist, und Nigel Prince Kurator der Ikon Gallery in Birmingham, die zusammen mit der Pfalzgalerie dieses amerikanisch-englisch-pfälzische Ausstellungsprojekt veranstaltet.
Ich freue mich über das bundesweite Interesse, das dieses Kunstereignis hervorruft", freute sich Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder angesichts des Medien- und Publikumsaufgebots im Museum Pfalzgalerie. Er dankte Museumschefin und ihrem Team für den Einsatz. Sie seien mit Begeisterung, Kreativität und Herzblut am Werk". Diese spektakuläre Retrospektive bringe das Museum Pfalzgalerie ins allgemeine, auch überregionale Bewusstsein. Dr. Britta E. Buhlmann stellte den Gästen Leben und Werk Carmen Herreras vor, die 1905 in der kubanischen Hauptstadt Havanna geboren wurde und seit mehr als 50 Jahren in New York lebt. Die Künstlerin sei schon sehr früh revolutionär" gewesen; sie schaffe Bilder, die im Auge arbeiten". Im Laufe der Jahre seien Herreras Arbeiten zunehmend minimalistischer geworden, aber jedes Bild bleibt ein Abenteuer".
Ausstellungskurator Dr. Heinz Höfchen, zugleich Leiter der Graphischen Sammlung der Pfalzgalerie, hat zur Herrera-Schau sein Depot durchgeschaut und stilistisch verwandte Graphiken herausgesucht, um sie Herreras Arbeiten auf Papier gegenüberzustellen. Die Ausstellung Rechteck, Kreis, Mäander" versteht sich als Hommage an Carmen Herrera und Kommentar zur Retrospektive ihres Werks. Konkrete Kunst verzichtet auf die Darstellung der sichtbaren Wirklichkeit, ist also kein Abstraktionsvorgang, sondern benutzt die künstlerischen Mittel, ohne Assoziationen auslösen zu wollen", erläuterte Höfchen. Damit werden Linie, Fläche und Farbe autonom, das Formale bleibe ohne inhaltliche Aussage. Im Graphischen Kabinett stünde die New Yorker Schule der Konkretion mit Arbeiten der Amerikaner Sol LeWitt, Robert Mangold und Leon Polk Smith einem engen Freund Carmen Herreras im Fokus. Darüber hinaus seien Werkbeispiele von Max Bill, Aurélie Nemours, Friedrich Vordemberg-Gildewart, Karl Georg Pfahler und Marcel Wyss zu sehen, die europäische, schon heute klassische Positionen der Bewegung zeige.
Zur Herrera-Retrospektive ist ein 84-seitiger Katalog (30 Euro) erschienen, der 108-seitige Band 4 der Bestandskataloge der Graphischen Sammlung zur konstruktiven und konkreten Graphik (13,20 Euro) ergänzt die Ausstellung im Kabinett. Die Pfalzgalerie Kaiserslautern, Museumsplatz 1, ist mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, dienstags von 11 bis 20 Uhr, an Fastnachtsdienstag (16. Februar) und am Ostersonntag und -montag (4./5. April) geöffnet; an Karfreitag bleibt das Museum geschlossen. Weitere Informationen sind unter
www.pfalzgalerie.de abrufbar.