"Eigentlich hätte ich mal wieder Lust, was zu schreiben", zu komponieren – doch dazu fehlt Uwe Sandner, dem neuen Generalmusikdirektor des Pfalztheaters Kaiserslautern, momentan die Zeit. Er hat einen vollen Terminkalender, sein Arbeitstag dauert oft zwölf Stunden. Das hat er mit Stefano Giannetti, seit dieser Spielzeit Chefchoreograph und Ballettdirektor, gemein. Von Probe zu Probe, von Projekt zu Projekt, von "Chess" zu "Otello". Den beiden Männern, die zwei Schlüsselpositionen am Pfalztheater besetzen, gegenüberzusitzen, ist spannend, denn sie sind mit Herz und Seele dabei, gehen in ihrer Tätigkeit auf, erleben ihren Beruf als Berufung. "Ich bin mir sicher, dass wir mit den beiden Neubesetzungen wichtige Impulse für unser Musiktheater erhalten", in den Worten von Intendant Johannes Reitmeier schwingt denn auch vollste Überzeugung mit.
Wenn Giannetti mit seiner 13-köpfigen Ballettcrew probt, vermittelt er nicht etwa den Eindruck eines ob seiner erfolgreichen Karriere abgehobenen und selbstgefälligen Stars; wer der Vermutung erliegt, der Italiener habe infolge seines Ruhmes den Boden unter den Füßen verloren und blicke herablassend auf seine Mitmenschen herab, der irrt. Freundlich und in ruhigem Ton erteilt er den topausgebildeten Tänzerinnen und Tänzern Anweisungen; während der Probe herrscht eine familiäre Atmosphäre. Er zeigt Verständnis, nimmt sich auch Zeit und hört zu, wenn Probleme auftauchen oder Schritte nicht sitzen. Mit strahlenden Tänzeraugen verfolgt er wieder und wieder die Choreographien, die der engagierten Balletttruppe bereits vertraut sind, und lässt es auch an Lob nicht fehlen.
1945 in Italien geboren, studierte er an der Accademia Nazionale di Danza in Rom und am Conservatoire National in Paris, wo er 1982 den Prix du Conservatoire gewann. Am Hamburger Ballett schuf er neben seinem Tänzerdasein auch eigene Ballette. Weitere Stationen seines Lebens und Schaffens waren das London Festival Ballett, das Züricher Ballett sowie die Deutsche Oper Berlin, wo unter seiner Leitung zahlreiche Choreographien entstanden. Darüber hinaus arbeitete er in Berlin, Bonn und Oslo. Vor zwei Jahren gründete Giannetti in Berlin das Ballettzentrum "Uomo Danza" und wechselte nun zum Bezirksverband Pfalz, dem Träger des Pfalztheaters. Als Gastchoreograf brachte er hier bereits im Frühjahr die "Spiele der Leidenschaft" zur Aufführung.
Während Giannetti sich auf vielen großen Bühnen behauptete und international seine Erfahrungen sammelte, spielte für Sandner die Musik zwar immer schon die erste Geige, "die Karriere stand jedoch stets an zweiter Stelle". Auf seine Familie angesprochen, berichtet er stolz von "seinen drei Mädels" im Alter von 12, 14 und 16 Jahren. Schon früh bekam er hohe Positionen angeboten, die einen Umzug erforderlich gemacht hätten. Da sich sein trautes Heim jedoch in Mainz befindet und er der Familie keine ständigen Umzüge zumuten wollte, nahm er ausschließlich Stellen in Reichweite an.
Geboren wurde der Dirigent 1961 in Mainz. Schon früh stand für ihn fest, dass er eine musikalische Laufbahn einschlagen würde. Nach dem Abitur absolvierte Sandner ein Tonsatz-, Klavier- und Dirigierstudium an der Hochschule der Künste in Berlin und der Kölner Musikhochschule. Zudem erhielt er ein Stipendium der Studentenstiftung des Deutschen Volkes. Assistenten- und Kapellmeisterengagements führten ihn an die Opernhäuser von Ulm, Mannheim und an das Pfalztheater Kaiserslautern, wo er ab 1991 als Erster Kapellmeister und ab 1993 auch als stellvertretender GMD tätig war. 1997 wechselte er dann nach Karlsruhe. Nachdem er sich im Auswahlverfahren um die Stelle des GMD durchgesetzt hat, ist er zu Beginn dieser Spielzeit nach Kaiserslautern zurückgekehrt, um die Leitung des 62-köpfigen Orchesters, von dem ihm die meisten Gesichter noch bekannt sind, zu übernehmen. Es sei "schön, wieder da zu sein" – auch hierin sind die zwei Künstler sich einig. Beide schwärmen vom Lauterer Flair, vom pfälzischen way of life.