Über die Zukunft der Landwirtschaft und die Auswirkungen auf die Arbeit der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) in Speyer informierte sich der Werkausschuss LUFA/Ausschuss für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Umwelt unter Vorsitz von Irmgard Münch-Weinmann in seiner Online-Sitzung. Prof. Dr. Franz Wiesler, wissenschaftlicher Direktor der LUFA, erläuterte die Strategie der EU-Kommission „Vom Hof auf den Tisch“ und was sie für die LUFA bedeuten kann. Zunächst ging er auf den Europäischen Grünen Deal ein, der die Bewältigung des Klimawandels, des Verlusts der Artenvielfalt und die Vermeidung der weiteren Verschmutzung unserer Wälder und Meere fordere. Der Grüne Deal, Ende 2019 von der EU-Kommission vorgestellt, solle zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft führen und bis zum Jahre 2050 Treibhausgasneutralität in Europa gewährleisten. Dazu solle das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt werden. Ein Kernstück des Grünen Deals sei die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, die nach Aussagen des Exekutiv-Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, für „ein neues, harmonischeres Zusammenspiel von Natur, Lebensmittelerzeugung und biologischer Vielfalt“ stehe.
Die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ betrachte die gesamte Lebensmittelkette, die für Erzeuger, Verbraucher, Klima und Umwelt nachhaltig gestaltet werden soll, referiert Wiesler. Auf der Stufe der Lebensmittelerzeugung würden eine Reihe allgemeiner Ziele formuliert, wie die Kohlenstoffspeicherung, die Verringerung der Methanemissionen aus der Nutztierhaltung oder die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Ganz konkret fordere das Strategiepapier bis 2030 die Verminderung des Einsatzes von Pestiziden mit höherem Risiko und die Verminderung der Nährstoffverluste in die Umwelt um jeweils 50 Prozent, die Verminderung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung ebenfalls um die Hälfte und die Ausweitung des ökologischen Landbaus auf 25 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Neben der Lebensmittelerzeugung umfasse die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ auch die Bereiche der Ernährungssicherheit, der Lebensmittelverarbeitung, des Groß- und Einzelhandels, des Gastgewerbes und der Verpflegungsdienstleistungen. Gerade die für den Bereich der Ernährungssicherheit formulierten Ziele der Versorgung der Bevölkerung mit jederzeit ausreichenden, abwechslungsreichen, nachhaltigen und „erschwinglichen“ Nahrungsmitteln deuteten auf Zielkonflikte hin, wie sie beispielsweise schon lange im Hinblick auf die Forderung nach umweltgerechter Produktion, aber gleichzeitig starkem Preisdruck auf landwirtschaftliche Produkte bekannt seien, sagte Wiesler. Seitens der Verbraucherinnen und Verbraucher sollten der nachhaltige Lebensmittelverzehr gefördert und Lebensmittelverluste verringert werden. Eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten solle vor allem zu einer Verminderung des Konsums tierischer Produkte führen, was tierhaltende Betriebe vor erhebliche Herausforderungen stellen werde. Das Vermeiden der Lebensmittelverschwendung führe schließlich im besten Falle zu einem Rückgang des Bedarfs an Agrarrohstoffen, was die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung mit weniger intensiven Verfahren der Produktion sicherstelle und nicht zwangsläufig einen Anstieg des Imports von Agrarrohstoffen erforderlich mache.
Die Entwicklung nachhaltiger Lebensmittelsysteme, die einen Beitrag für gesunde Menschen, gesunde Gesellschaften und einen gesunden Planeten leisten, so wie es in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ der EU-Kommission gefordert werde, sei für die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung „alternativlos“, so Wiesler, und entspräche auch vielen Forderungen aus der Gesamtgesellschaft. Die Vielzahl der beteiligten Wirtschaftsbereiche (Produzenten, Handel, Verbraucher), europäischer Staaten und politischer Organe in der EU zeige aber, wie schwierig es sein werde, die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ tatsächlich zielgerichtet umzusetzen. An Wieslers Vortrag knüpfte sich eine sehr rege Diskussion der Ausschussmitglieder an, die zeigte, wie aktuell das Thema ist.