Wald(t)räume

Eva Jospin aus Paris stellt erstmals in Deutschland aus

Die Natur in ihrer Vielfalt ist ihr Vorbild: Eva Jospins vierteiliges und großformatiges Wandrelief „Panorama“ von 2019 aus Karton und Holz, das die Pariser Courtesy Galerie Suzanne Tarasieve dem mpk für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat (Foto: Benoît Fougeirol, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019)

Eva Jospin stellt erstmals unter dem Titel „Wald(t)räume“ in Deutschland aus – und das im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) vom 24. August bis 12. Januar. Die Künstlerin, 1975 in Paris geboren, unterhält dort ein großräumiges Atelier mit zahlreichen Assistenten. Das mpk zeigt von ihr in einer umfassenden Präsentation rund 30, zum Teil großformatige Wandreliefs, Skulpturen, Zeichnungen und Rollbilder aus den Jahren 2013 bis 2019. Sie sind unter anderem dem Thema Wald gewidmet. Eröffnet wird die im Trend der Rückbesinnung auf die Natur liegende Schau am Freitag, 23. August, um 19 Uhr in Anwesenheit der Künstlerin. Es sprechen Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder, die französische Generalkonsulin Pascale Trimbach aus Frankfurt am Main als Schirmherrin der Ausstellung, mpk-Direktorin Dr. Britta E. Buhlmann und Kuratorin Dr. Annette Reich. Die musikalische Gestaltung mit Tango und Musette übernimmt die spielfreudige Akkordeonistin Alexandra Maas, die unter anderem den Deutschen Akkordeon-Musikpreis gewann und Teil des Quartetts „french touch“ ist.

Eva Jospin schneidet und schichtet ihre teilweise monumentalen, installativ arrangierten Kunstwerke aus Wellpappe, einem einfachen, roh belassenem Material. Dabei arbeitet sie mit viel Geduld und Ausdauer, präzise und zügig. Die Betrachterinnen und Betrachter sollten sich Zeit nehmen, die detailreichen, mit Akribie und Sorgfalt ausgeführten Arbeiten auf sich wirken zu lassen. Inspirieren lässt sich die Künstlerin unter anderem von klassischer Landschaftsmalerei und Land Art, zu der ebenso Gartenarchitektur zählt. Auch architektonische Elemente, wie zum Beispiel Grotten als künstliche Felsenhöhlen in groß angelegten Landschaftsgärten, finden ihr Interesse. Das Motiv der Grotte greift sie in ihren Tuschezeichnungen auf; es findet auch Ausdruck in dreidimensionalen Modellen aus Karton, die Grottenarchitekturen im Außenraum vorbereiten.

Die Natur in ihrer Vielfalt ist Vorbild und gibt Anregungen ebenso für feine, zarte Zeichnungen und Rollbilder, die Eva Jospin parallel zu ihren skulpturalen Arbeiten fertigt. Vegetation, Bäume, Berge und Wasser werden bei den weitgehend abstrahierten Landschaftsbildern sicht- und spürbar. Bei den Rollbildern handelt es sich um Zeichnungen mit Bleistift und Tinte auf Transparentpapier, die in Glaskästen montiert sind. Mit Hilfe eines Drehmechanismus und von Walzen lassen sich die Blätter wie in Zeitlupe horizontal vor den Augen bewegen. Historisch betrachtet, gehören sie zu den seit dem 17. Jahrhundert bekannten Guckkastenbildern.

Das derzeit häufigste Motiv, mit dem sich Eva Jospin immer wieder eingehend auseinandersetzt, ist der Wald. Stämme, Äste und Zweige in extremer Dichte aus Karton geformt, sind kompositorisch so angeordnet, dass Raumtiefe entsteht. Den über zwei Meter hohen, vertikal aufragenden „Waldreliefs“ und einem beispielsweise über sechs Meter breiten „Waldpanorama“ wohnt ein eigener Zauber inne. Rätselhaft und nahezu magisch muten die durch Licht und Schatten modellierten Naturausschnitte an. Zugleich vermögen sie in ihrer Morbidität eine poetische Aura zu entfalten.

Der Wald ist sowohl Inbegriff der Natur als auch Ausdruck und Teil der zivilisierten Welt, der Kultur. Er kann einerseits als Schutzraum, als Ort der Erholung, des Rückzugs vom Treiben der Welt empfunden werden, andererseits bedrohlich und unheimlich wirken. Eine bedeutende Rolle spielt er in Sagen und Märchen mitunter als ein geheimnisvoller Schauplatz des Geschehens: Kindheitserinnerungen werden wach. Ambivalente Emotionen – wie Abenteuerlust, Träume und Ängste – können mit dem Wald verbunden sein. So findet sich das Publikum in Gegenwart der „Wälder“ von Eva Jospin mit seiner eigenen Erlebniswelt konfrontiert.

Zur Ausstellung liegt ein umfassend illustrierter Katalog in deutscher und englischer Sprache mit Texten von Britta E. Buhlmann und Annette Reich vom mpk sowie der in Paris lebenden Buchautorin und Journalistin Bettina Wohlfarth vor. Die 128-seitige Publikation erscheint in der Edition Cantz und ist im Buchhandel erhältlich; sie kann auch über www.mpk.de zum Preis von 18 Euro bestellt werden. Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern am Museumsplatz 1, das zum Bezirksverband Pfalz gehört, ist dienstags von 11 bis 20 Uhr und mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet; lediglich an Heiligabend und am ersten Weihnachtstag sowie an Silvester und Neujahr bleibt das Haus geschlossen.