Der Mensch ist Teil der Natur, sobald er sich gegen sie wendet, schadet er sich selbst, befürwortete der Vorsitzende des Bezirkstags Pfalz, Theo Wieder, den Fledermausschutz in der Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung Hofgut Neumühle bei Münchweiler an der Alsenz. Mit der Auszeichnung des Hofguts durch eine Plakette gibt der Naturschutzbund (NABU) Rheinland-Pfalz im Donnersbergkreis den Startschuss für die Aktion Fledermäuse willkommen!. Die Aktion tragen der NABU und das rheinland-pfälzische Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz gemeinsam. Zudem unterstützen die Experten des Arbeitskreises Fledermausschutz Rheinland-Pfalz die Aktion, die sich schon seit Jahren für die heimischen Fledermäuse stark machen. So ging der Dank Wieders vor allem an die Ehrenamtlichen, die den Schutz des Großen Mausohrs mit 40 Zentimetern Flügelspannweite die größte einheimische Fledermausart durch ihr alltägliches Engagement überhaupt erst möglich machen. Mittlerweile ziehen hier während der Sommermonate etwa 400 Weibchen der gefährdeten Fledermausart in sogenannten Wochenstuben ihre Jungen groß.
Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad betonte die Bedeutung des Quartiers Neumühle: Das Große Mausohr hat in der Pfalz eines seiner Hauptverbreitungsgebiete. Fledermäuse seien unter anderem als einzige fliegende Säugetiere und mit ihrem speziellen Ortungssystem in vielerlei Hinsicht einzigartig. Somit eignen sie sich besonders, um für den Natur- und Artenschutz zu werben; sie stehen für ein ganzes Artenspektrum, über das sie ihren Schirm ausbreiten, so die Ministerin. In den nächsten drei Jahren plant der NABU, 300 Fledermaus-Quartiere auszuzeichnen, die Bewerbung dafür steht jedem, auch Privatleuten, offen. Der NABU-Landesvorsitzende Siegfried Schuch sieht die Chance des Projekts darin, zahlreiche neue Erkenntnisse über bestehende Quartiere zu erhalten und die Menschen über den Lebensraum der Tiere aufzuklären. Wir alle nutzen die Natur und brauchen sie. So wurde aus einem Fledermaus-Enzym ein hochwirksames Medikament gegen Schlaganfall entwickelt. Trotz des großen Nutzens der Fledermäuse für den Menschen gebe es noch viel Handlungsbedarf, denn fast alle Arten seien gefährdet, so der Naturschützer.
Wie lange die Fledermäuse schon in der Neumühle leben, weiß niemand, gestaunt hat Helmut Eisenhofer, der ehemalige Hausmeister, als er im Jahr 1974 die damals gut 300 Fledermäuse im Dachboden eines der Gebäude entdeckte. Gemeinsam mit den Fledermausschützern Hans König, Adolf Stauffer und Heinz Wissing setzt er sich seither für den Erhalt der Wochenstube ein. So war es auch nicht schwer, die damalige Leitung der Lehr- und Versuchsanstalt davon zu überzeugen, dass dieses besondere Quartier erhalten werden muss. Gerade in alter Bausubstanz scheinen sich die Fledermäuse sehr wohl zu fühlen, urteilte Dr. Karl Landfried, der das Hofgut Neumühle seit 20 Jahren leitet. Denn die Fledermausweibchen haben für die Geburt und Aufzucht ihrer Jungen den Dachstuhl eines Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert ausgewählt. Der Fledermausschützer Hans König sieht die Attraktivität der Neumühle gerade auch im landwirtschaftlichen Betrieb: Der Kot der Hoftiere zieht Insekten an, die den Großen Mausohren gut schmecken. Die Erhaltung von störungsfreien Quartieren sei essentiell für das Überleben der empfindlichen Nachtschwärmer. Oft seien Unwissenheit und Vorurteile Schuld, wenn Hausbesitzer, etwa bei Renovierungen, Fledermaus-Quartiere zerstören, erläuterte König.
Das Hofgut des Bezirksverbands Pfalz engagiert sich nicht nur hinsichtlich der Fledermäuse für den Artenschutz: Neben dem in ganz Europa besonders geschützten Großen Mausohr finden auch die immer seltener werdenden Mehlschwalben an der Neumühle ein Zuhause. Für die jungen Landwirte, die dort auch die integrierte Landwirtschaft kennenlernen, besteht so die Möglichkeit, sich schon früh mit dem Thema Artenschutz auseinanderzusetzen.